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Kettner Edelmetalle
09.12.2025
07:34 Uhr

Merz' heikle Nahost-Mission: Zwischen Staatsräson und neuer Realpolitik

Sieben Monate hat sich Friedrich Merz Zeit gelassen – deutlich länger als seine Vorgänger. Während Olaf Scholz bereits nach drei Monaten und Angela Merkel nach gut zwei Monaten ihre Antrittsbesuche in Israel absolvierten, brauchte der neue Bundeskanzler fast ein halbes Jahr mehr. Nun ist er endlich aufgebrochen zu einer der heikelsten diplomatischen Missionen seiner noch jungen Amtszeit.

Die Verzögerung hat freilich ihre Gründe. Der Gaza-Krieg machte einen Besuch lange Zeit unmöglich, und die deutsch-israelischen Beziehungen durchliefen in den vergangenen Monaten ein wahres Wechselbad der Gefühle. Zwischen bedingungsloser Solidarität und scharfer Kritik am militärischen Vorgehen Israels, zwischen Rüstungsembargo und dessen Aufhebung – die Beziehung zum jüdischen Staat gleicht derzeit einem diplomatischen Minenfeld.

Das Ende des Rüstungsembargos als Friedensangebot

Pünktlich vor seiner Abreise hat Merz ein wichtiges Signal gesetzt: Das Teil-Embargo für Rüstungsexporte nach Israel, das die bilateralen Beziehungen schwer belastet hatte, wurde vor zwei Wochen aufgehoben. Israel hofft nun wieder auf verstärkte Lieferungen aus Deutschland, insbesondere auf Getriebe für die Merkava-Panzer. Ein Geschenk, das Netanjahu sicher wohlwollend zur Kenntnis nehmen wird.

Doch die eigentliche Bewährungsprobe steht Merz noch bevor. Wie wird er sich zu Merkels berühmtem Diktum verhalten, die Sicherheit Israels sei deutsche Staatsräson? Der neue Kanzler hatte sich zuletzt auffällig von diesem Begriff distanziert – ein Zeichen dafür, dass unter seiner Führung möglicherweise ein pragmatischerer Wind in der Nahost-Politik weht.

Die Hamas-Frage und Deutschlands Rolle

Im Mittelpunkt der Gespräche dürfte die Stabilisierung der seit fast zwei Monaten geltenden Waffenruhe im Gazastreifen stehen. Die zweite Phase des Friedensprozesses sieht unter anderem die Entwaffnung der Hamas und eine internationale Friedenstruppe vor. Bei der Frage nach einer deutschen Beteiligung hält sich die Bundesregierung bisher auffällig zurück – ein kluger Schachzug angesichts der innenpolitischen Stimmung in Deutschland.

Vor seinem Abflug telefonierte Merz noch mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und unterstrich dabei seine Unterstützung für Donald Trumps Friedensplan. Ein geschickter diplomatischer Balanceakt: Den Palästinensern signalisiert er Gesprächsbereitschaft, ohne jedoch die palästinensischen Gebiete zu besuchen – was in Israel sicher positiv vermerkt wird.

Antisemitismus in Deutschland: Das unbequeme Thema

Besonders brisant dürfte das Gespräch über den wachsenden Antisemitismus in Deutschland werden. Der israelische Botschafter Ron Prosor hatte jüngst vor allem vor linkem Antisemitismus gewarnt, den er als gefährlicher einstufte als den von rechts oder den islamistischen, "weil er seine Absichten verschleiert". Eine Einschätzung, die in der deutschen Öffentlichkeit kontrovers diskutiert werden dürfte, aber durchaus den Kern eines Problems trifft, das in linken und migrantischen Milieus oft verharmlost wird.

Die Zunahme antisemitischer Vorfälle in Deutschland, oft im Zusammenhang mit pro-palästinensischen Demonstrationen und einer fehlgeleiteten Migrationspolitik, wird sicher ein zentrales Gesprächsthema sein. Hier muss Merz klare Kante zeigen und deutlich machen, dass Deutschland entschlossen gegen jede Form von Judenhass vorgeht – egal aus welcher politischen oder religiösen Ecke er kommt.

Die Netanjahu-Frage: Diplomatisches Minenfeld

Die vielleicht heikelste Frage wird sein, ob Merz den israelischen Ministerpräsidenten trotz des internationalen Haftbefehls nach Deutschland einladen wird. Noch im Mai hatte er erklärt: "Grundsätzlich muss ein israelischer Premierminister nach Deutschland reisen können." Eine mutige Position, die zeigt, dass Merz bereit ist, sich notfalls auch gegen internationale Institutionen zu stellen, wenn es um die deutsch-israelische Freundschaft geht.

Der Besuch in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und die Treffen mit freigelassenen Hamas-Geiseln werden emotionale Höhepunkte der Reise sein. Sie erinnern daran, warum die Beziehung zu Israel für Deutschland mehr ist als normale Diplomatie – sie ist historische Verpflichtung und moralische Verantwortung zugleich.

Merz' Nahost-Reise markiert möglicherweise den Beginn einer neuen Phase in den deutsch-israelischen Beziehungen. Weniger pathetisch als unter Merkel, dafür pragmatischer und vielleicht auch ehrlicher. Die Sicherheit Israels bleibt für Deutschland unverzichtbar – aber die Art, wie diese Verpflichtung gelebt wird, könnte sich unter Merz durchaus wandeln. Ob zum Guten oder Schlechten, wird sich in den kommenden Monaten zeigen.

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