
Chinesische Billigplattformen würgen deutschen Einzelhandel ab – EU reagiert viel zu spät
Die deutschen Innenstädte verwaisen, Traditionsgeschäfte schließen reihenweise ihre Pforten, und der Einzelhandel kämpft ums nackte Überleben. Während die Politik jahrelang tatenlos zusah, haben chinesische Billigplattformen wie Temu und Shein das Kaufverhalten der Deutschen grundlegend verändert – mit verheerenden Folgen für die heimische Wirtschaft.
Ein Tsunami aus Billigpaketen überrollt Europa
Die Zahlen sind erschreckend: Rund 4,6 Milliarden Sendungen im Wert von unter 150 Euro erreichten im Jahr 2024 die Europäische Union. Sage und schreibe 91 Prozent davon stammten aus China. Tag für Tag treffen nach Schätzungen des Handelsverbands Deutschland etwa 400.000 Pakete von Anbietern wie Temu und Shein in der Bundesrepublik ein. Für 2025 rechnet der HDE mit Umsätzen dieser Plattformen von 3,3 Milliarden Euro allein in Deutschland – Geld, das der regionalen Wertschöpfung vollständig verloren geht.
Erst jetzt, nachdem der Schaden bereits angerichtet ist, reagiert die EU. Ab Juli 2026 soll eine Einfuhrgebühr von drei Euro auf jede versandte Ware im Wert von weniger als 150 Euro erhoben werden. Ursprünglich war diese Maßnahme erst für 2028 geplant. Dass sie nun vorgezogen wird, ist vor allem dem Druck aus Frankreich zu verdanken. Der französische Finanzminister Roland Lescure brachte es auf den Punkt: Es handle sich um „unlauteren Wettbewerb gegenüber den Geschäften in den Innenstädten, die Steuern zahlen".
Giftige Produkte und gefälschte Siegel
Doch nicht nur der unfaire Wettbewerb macht den Billiganbietern zu schaffen. Eine Untersuchung der Stiftung Warentest vom Oktober 2025 offenbarte erschreckende Zustände: Bei zwei Dritteln von 162 überprüften Produkten wurden Verstöße gegen EU-Sicherheitsstandards festgestellt. Die Liste der Mängel liest sich wie ein Horrorkatalog.
Babytücher mit überhöhten Formaldehyd-Werten, die Allergien auslösen können. Schmuck mit Cadmium-Anteilen, die das 8.500-Fache des Grenzwerts überschreiten – potenziell krebserregend und schädlich für Knochen und Nieren. USB-Ladegeräte, die überhitzen und Brände auslösen können. Quietschbälle für Babys, die Lärmgrenzen überschreiten. Der niedersächsische Wirtschaftsminister Grant Hendrik Tonne warnt zurecht vor „großen Mengen qualitativem Schrott", der auf den europäischen Markt drängt.
Verbraucher wissen um die Risiken – kaufen aber trotzdem
Das Perfide an der Situation: Die deutschen Konsumenten sind sich der Probleme durchaus bewusst. Einer YouGov-Umfrage zufolge klagen 45 Prozent der Nutzer über Qualitätsmängel. 41 Prozent wissen um potenzielle Gesundheitsrisiken, 32 Prozent kritisieren suboptimale Sicherheitsstandards. Und dennoch kaufen sie weiter – weil der Preis stimmt. Drei Viertel der Befragten gaben an, dass die günstigen Angebote der für sie relevante Faktor seien.
Insolvenzen und Leerstand erreichen dramatische Ausmaße
Die Konsequenzen für den deutschen Einzelhandel sind verheerend. Zwischen August 2024 und August 2025 stieg die Zahl der Insolvenzen auf mehr als 2.400 – der höchste Stand seit 2016. Besonders betroffen sind Mode- und Textilhändler, Spielwarenläden und kleinere Fachgeschäfte. Deutschlandweit schlossen seit 2023 jährlich zwischen 4.500 und 5.000 Geschäfte ihre Türen für immer.
Die durchschnittliche Leerstandsquote in deutschen Innenstädten beläuft sich auf rund zehn Prozent. In manchen Großstädten liegt sie noch deutlich darüber. Wer durch deutsche Fußgängerzonen schlendert, sieht die Folgen mit eigenen Augen: Leere Schaufenster, heruntergelassene Rollläden, verwaiste Einkaufspassagen.
Ein fundamentaler Unterschied zu Amazon
Kritiker mögen einwenden, dass der Strukturwandel im Einzelhandel nichts Neues sei. Vom klassischen Versandhandel bis zum Aufstieg von Amazon – Veränderungen hat es immer gegeben. Doch das Geschäftsmodell von Temu und Shein unterscheidet sich fundamental von etablierten Online-Händlern.
Amazon hat sich über Jahre in den europäischen Markt integriert. Der Konzern errichtete Logistikzentren, zahlt Steuern, schafft Arbeitsplätze und öffnet seine Plattform für lokale Händler. Der wirtschaftliche Fußabdruck von Temu und Shein in der EU beschränkt sich hingegen weitgehend auf die Lieferung. Komplette Wertschöpfungsketten verschwinden rasch und vollständig aus dem Zielland der Produkte.
Zweifel an der Registrierungspflicht
Hinzu kommt die Frage, ob sich überhaupt alle Verkäufer aus China an die geltenden Regeln halten. Im Verpackungsregister LUCID, das die Systembeteiligungspflicht verwaltet, sind etwa eine Million Versender aus China eingetragen. Doch bei LUCID selbst bestehen erhebliche Zweifel, ob tatsächlich alle Registrierungspflichtigen ihrer Obligation nachkommen. Wer Waren aus Drittstaaten liefert, müsste dem Handelsvolumen angepasste Müllgebühren bezahlen – doch die Kontrolle ist praktisch unmöglich.
Zu wenig, zu spät?
Die geplante Einfuhrgebühr von drei Euro mag ein erster Schritt sein, doch für viele Händler kommt sie schlicht zu spät. Minister Tonne formulierte es unmissverständlich: Er wolle „kein weiteres Weihnachtsfest unter diesen Rahmenbedingungen erleben". Ob die Maßnahme tatsächlich eine Trendwende einleiten kann, bleibt abzuwarten.
Was bleibt, ist ein bitterer Nachgeschmack. Während die Politik jahrelang über Klimaziele und Gendersprache debattierte, wurde der deutsche Einzelhandel von chinesischen Billiganbietern systematisch ausgehöhlt. Die Zeche zahlen am Ende die Händler, die Innenstädte – und letztlich die gesamte deutsche Wirtschaft.
In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und fragwürdiger politischer Entscheidungen gewinnen übrigens physische Edelmetalle wie Gold und Silber zunehmend an Bedeutung. Als bewährte Wertspeicher können sie eine sinnvolle Ergänzung zur Vermögenssicherung darstellen und gehören in jedes breit gestreute Anlageportfolio.
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