
Europas Kampfjet der Zukunft: Deutsch-französisches Prestigeprojekt vor entscheidender Bewährungsprobe
Das ambitionierte europäische Kampfflugzeugprojekt FCAS steht vor seiner wohl kritischsten Phase. Bei einem Treffen in Osnabrück räumten die Verteidigungsminister Deutschlands und Frankreichs ein, dass die kommenden Monate über Erfolg oder Scheitern des milliardenschweren Vorhabens entscheiden könnten. Die Wortwahl des französischen Verteidigungsministers Sébastien Lecornu ließ dabei aufhorchen: Von einem "Moment der Wahrheit" sprach er – eine diplomatische Umschreibung für die massiven Probleme, die das Projekt plagen.
Industrielle Machtkämpfe gefährden Europas Verteidigungsautonomie
Hinter den diplomatischen Floskeln verbirgt sich ein erbitterter Streit zwischen den beteiligten Rüstungskonzernen. Der französische Dassault-Konzern beansprucht die Führungsrolle bei der Entwicklung des neuen Kampfjets und liegt dabei im Clinch mit dem deutschen Airbus-Konzern. Diese industriellen Eitelkeiten könnten das gesamte Projekt zum Scheitern bringen – ein Armutszeugnis für Europas Ambitionen, sich verteidigungspolitisch von den USA unabhängiger zu machen.
Boris Pistorius versuchte zwar, Zuversicht zu verbreiten und betonte, dass beide Seiten nicht den geringsten Zweifel am Zustandekommen der zweiten Projektphase hätten. Doch seine Einschränkung "bis dahin sind noch einige Fragen zu beantworten" offenbart die Unsicherheit, die das Projekt umgibt. Die aktuelle Phase 1B endet im Dezember – dann müssen konkrete Entscheidungen fallen.
Deutsche Exportbeschränkungen als zusätzlicher Stolperstein
Als wäre der industrielle Zwist nicht genug, belastet auch Deutschlands restriktive Rüstungsexportpolitik das Projekt. Während Frankreich traditionell auch an Golfstaaten wie Katar liefert, verweigerte Berlin in der Vergangenheit regelmäßig Waffenexporte an Länder mit fragwürdiger Menschenrechtslage. Diese moralisierende Haltung, die besonders von den Grünen in der ehemaligen Ampelkoalition vorangetrieben wurde, könnte nun zum Bumerang werden.
Immerhin zeigte sich Pistorius hier kompromissbereit: "Unsere Partner in gemeinsamen Rüstungsprojekten müssen sich auf uns verlassen können – besonders wenn es um Exporte geht", versicherte er. Auch seine klare Absage an eine Einmischung der EU-Kommission in Rüstungsexportfragen dürfte in Paris positiv aufgenommen worden sein.
2040 – ein unrealistischer Zeitplan?
Die größte Sorge bereitet jedoch der ambitionierte Zeitplan. Bis 2040 soll der neue Kampfjet einsatzbereit sein – für Frankreich eine nicht verhandelbare Deadline. Doch selbst Dassault zweifelt daran, dass dies unter den aktuellen Bedingungen machbar sei. Die komplexe Projektstruktur mit drei beteiligten Ländern und mehreren konkurrierenden Industriepartnern macht schnelle Entscheidungen nahezu unmöglich.
"Es wird einen Moment der Wahrheit in den kommenden Monaten geben. Jeder muss zu den Lösungen beitragen, einschließlich der Unternehmen; es kann nicht sein, dass wir Probleme ohne Lösungen haben."
Diese Worte Lecornus klingen mehr nach Verzweiflung als nach Zuversicht. Die Tatsache, dass beim deutsch-französischen Sicherheits- und Verteidigungsrat Ende August in Toulon keine Entscheidung erwartet wird, spricht Bände. Stattdessen wurde ein weiteres Ministertreffen für Oktober anberaumt – ein klassisches Zeichen dafür, dass man die Probleme vor sich herschiebt.
Parallelprojekte zeigen gemischte Bilanz
Während das FCAS-Projekt strauchelt, scheint es beim deutsch-französischen Kampfpanzerprojekt MGCS besser zu laufen. Rheinmetall-Chef Armin Papperger sprach von einer Beschleunigung des Projekts. Gleichzeitig erwägt Frankreich jedoch den Ausstieg aus dem europäischen Drohnenprojekt Eurodrone – ein weiteres Warnsignal für die europäische Rüstungskooperation.
Die neue Große Koalition unter Friedrich Merz steht vor der Herausforderung, diese Projekte zu retten. Dabei wäre es fatal, wenn ideologische Grabenkämpfe und industrielle Partikularinteressen Europas Verteidigungsfähigkeit untergraben würden. Gerade angesichts der geopolitischen Verwerfungen durch den Ukraine-Krieg und die zunehmenden Spannungen mit China kann sich Europa keine weiteren Verzögerungen leisten.
Das FCAS-Projekt steht exemplarisch für die Schwächen der europäischen Verteidigungspolitik: Zu viele Köche verderben den Brei, nationale Egoismen dominieren über gemeinsame Interessen, und am Ende könnte Europa mit leeren Händen dastehen – während China und die USA ihre Luftstreitkräfte konsequent modernisieren.
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