
Frankreich windet sich bei Kolonialverbrechen: Reparationen ja, Verantwortung nein
Über ein Jahrhundert nach den brutalen Massakern französischer Kolonialtruppen im heutigen Niger zeigt sich Paris zwar gesprächsbereit über mögliche Entschädigungen, weigert sich jedoch beharrlich, die Verantwortung für die Gräueltaten anzuerkennen. Diese halbherzige Haltung offenbart einmal mehr die Doppelmoral europäischer Staaten im Umgang mit ihrer kolonialen Vergangenheit.
Blutige Spuren der "Mission Afrique Centrale"
Im Jahr 1899 zogen die französischen Offiziere Paul Voulet und Julien Chanoine mit ihren afrikanischen Söldnern, den sogenannten Tirailleurs, eine Schneise der Verwüstung durch das heutige Niger. Tausende unbewaffnete Zivilisten wurden niedergemetzelt, ganze Dörfer niedergebrannt und geplündert. Allein in Birni-N'Konni ermordeten die Kolonialtruppen an einem einzigen Tag schätzungsweise 400 Menschen. Die Leichen wurden zur Abschreckung an den Dorfeingängen aufgehängt – ein barbarisches Vorgehen, das selbst für koloniale Verhältnisse außergewöhnlich grausam war.
Als Paris schließlich Oberst Jean-François Klobb entsandte, um dem Blutvergießen Einhalt zu gebieten, ließ Voulet seinen Vorgesetzten kurzerhand erschießen. Trotz dieser offenkundigen Verbrechen wurde nie ein französischer Offizier zur Rechenschaft gezogen. Stattdessen folgte eine bürokratische Vertuschung, die bis heute anhält.
Juristische Winkelzüge statt ehrlicher Aufarbeitung
Die französische Antwort auf die UN-Beschwerde der betroffenen nigrischen Gemeinden ist ein Meisterstück der diplomatischen Ausflüchte. Man sei zwar "offen für bilateralen Dialog", heißt es in dem Schreiben, das dem Guardian vorliegt. Gleichzeitig beruft sich Paris auf das Prinzip der Nicht-Rückwirkung internationalen Rechts – ein durchsichtiges Manöver, um sich der Verantwortung zu entziehen.
"Es ist gut etabliert, dass für eine Verletzung des Völkerrechts, die zu Verantwortlichkeit führt, die Verpflichtung gegenüber dem Staat in Kraft sein muss und die Verletzung zum Zeitpunkt der Tat erfolgen muss"
Mit anderen Worten: Da die entsprechenden Verträge erst nach den Massakern ratifiziert wurden, könne Frankreich nicht belangt werden. Eine zynische Argumentation, die zeigt, wie wenig ernst es der Grande Nation mit der Aufarbeitung ihrer kolonialen Verbrechen ist.
Selektive Erinnerungskultur
Während Präsident Macron in den vergangenen Jahren medienwirksam Frankreichs Verantwortung für den Völkermord in Ruanda anerkannte und sich für Massaker in Algerien und Madagaskar entschuldigte, bleibt die Voulet-Chanoine-Mission ein blinder Fleck. In französischen Schulbüchern sucht man vergeblich nach Hinweisen auf diese Gräueltaten. Die vage Behauptung, Lehrer hätten "große pädagogische Freiheit" bei der Behandlung kolonialer Themen, ist nichts als eine Nebelkerze.
Die betroffenen Gemeinden in Niger fordern nicht primär Geld, sondern zunächst einmal die Anerkennung der Verbrechen. "Wir sind keine Bettler", betont der Historiker Mamoudou Djibo. "Unsere Forderung nach Wiedergutmachung bedeutet nicht systematisch, dass man uns Geld gibt, sondern dass Frankreich zunächst anerkennt, Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben."
Ein Kontinent fordert Gerechtigkeit
Die Afrikanische Union hat 2025 zum "Jahr der Reparationen" erklärt – ein deutliches Signal, dass der Kontinent nicht länger bereit ist, die kolonialen Verbrechen unter den Teppich zu kehren. Deutschland hat mit seiner Anerkennung des Völkermords in Namibia und der Zusage von 1,1 Milliarden Euro über 30 Jahre zumindest einen symbolischen Anfang gemacht, auch wenn es sich weigert, von "Reparationen" zu sprechen.
Frankreich hingegen versteckt sich hinter juristischen Spitzfindigkeiten und weigert sich, die offensichtlichen historischen Tatsachen anzuerkennen. Dabei wäre genau das der erste notwendige Schritt: Die Errichtung von Gedenkstätten für die Opfer, die Aufnahme der Massaker in die Lehrpläne und vor allem die klare Anerkennung der Verantwortung.
Die Gräber einiger französischer Soldaten existieren bis heute in den betroffenen Gemeinden – für die tausenden ermordeten Nigrer gibt es hingegen keinerlei Gedenken. Diese Asymmetrie spricht Bände über den fortdauernden kolonialen Blick Europas auf Afrika. Es wird Zeit, dass sich das ändert. Die Verbrechen der Vergangenheit lassen sich nicht ungeschehen machen, aber eine ehrliche Aufarbeitung und angemessene Entschädigung sind das Mindeste, was die Nachfahren der Opfer erwarten können.
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