
Lindners Drehtür-Karriere: Vom Finanzminister zum Unicredit-Berater
Kaum ist Christian Lindner aus dem Finanzministerium ausgezogen, klopft er schon an der Tür der Privatwirtschaft. Der ehemalige FDP-Chef und gescheiterte Ampel-Minister plant seinen Einstieg bei der US-Beratungsfirma Teneo – ausgerechnet jenem Unternehmen, das die italienische Unicredit berät. Dieselbe Unicredit, die während Lindners Amtszeit Anteile an der Commerzbank erwarb und nun die deutsche Bank schlucken möchte. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Die Kunst des politischen Seitenwechsels
Die Drehtür zwischen Politik und Wirtschaft dreht sich in Deutschland besonders geschmeidig. Lindner lässt über sein Umfeld verlauten, der „Vorgang Commerzbank und Unicredit" sei „seinerzeit bekanntlich unterhalb der Ministerebene" gelaufen. Eine bemerkenswerte Aussage für einen Minister, der sonst gerne die Kontrolle über jeden Cent im Bundeshaushalt für sich reklamierte. Plötzlich will er von einem der wichtigsten Bankgeschäfte der letzten Jahre nichts mitbekommen haben?
Die Nichtregierungsorganisation LobbyControl warnt vor einem „handfesten Interessenkonflikt" – eine zurückhaltende Formulierung für das, was hier geschieht. Ein ehemaliger Finanzminister, der zu einem Berater jener Bank wechselt, die während seiner Amtszeit versuchte, eine systemrelevante deutsche Bank zu übernehmen, wirft Fragen auf, die über bloße Karenzzeiten hinausgehen.
Die Union als willfähriger Türöffner
Besonders pikant: Die Union signalisiert bereits Zustimmung zu Lindners neuem Job. Unionsfraktionsvize Sepp Müller findet den Wechsel „genehmigungsfähig", sofern „Transparenz und Karenzzeiten eingehalten werden". Man fragt sich, ob die CDU/CSU bereits vergessen hat, wie vehement sie einst gegen die Übernahme deutscher Banken durch ausländische Investoren wetterte. Oder ist es die Aussicht auf die eigene Drehtür-Karriere nach der politischen Laufbahn, die hier die Feder führt?
Müller philosophiert weiter: „Politik und Wirtschaft dürfen keine Gegensätze sein." Eine bemerkenswerte Aussage in Zeiten, in denen das Vertrauen der Bürger in die Unabhängigkeit politischer Entscheidungen ohnehin auf einem Tiefpunkt angelangt ist. Wenn ehemalige Minister nahtlos zu jenen wechseln, die sie gestern noch regulieren sollten, wird aus der Gewaltenteilung eine Gewaltenverschmelzung.
Der Startup-Investor mit Steuergeld-Erfahrung
Als wäre der Teneo-Deal nicht genug, plant Lindner parallel den Einstieg ins Startup-Business. Der Mann, der als Finanzminister Milliarden an Steuergeldern verwaltete, will nun mit einer Beteiligungsgesellschaft in Hamburg junge Unternehmen beraten. „Als Politiker habe ich mich viele Jahre für die Stärkung des Startup-Ökosystems eingesetzt", erklärt er. Man könnte auch sagen: Er hat sich bestens vernetzt für die Zeit nach der Politik.
Die Bundesregierung hat dieses Vorhaben bereits genehmigt – erstaunlich schnell für deutsche Behördenverhältnisse. Während normale Bürger monatelang auf Baugenehmigungen warten, werden die Karrierepläne ehemaliger Minister im Eilverfahren durchgewunken.
Das System der politischen Selbstbedienung
Lindners Fall ist symptomatisch für ein System, in dem politische Ämter zunehmend als Sprungbrett für lukrative Wirtschaftskarrieren dienen. Die zwölfmonatige Karenzzeit? Ein Feigenblatt, das kaum verhüllt, was hier geschieht. Während der Normalbürger sich fragt, wie er die steigenden Energiekosten stemmen soll, planen ehemalige Minister bereits ihre Millionendeals in der Privatwirtschaft.
Die Linke fordert, Lindners Einstieg bei Teneo nicht zu genehmigen. Eine der wenigen vernünftigen Forderungen aus dieser politischen Ecke. Doch die Chancen stehen schlecht. Zu eingespielt ist das System, zu groß die Aussicht auf eigene Pfründe für die aktuelle politische Klasse.
Ein Muster, das sich wiederholt
Lindner ist nicht der erste und wird nicht der letzte sein. Die Liste ehemaliger Politiker in Diensten jener, die sie einst beaufsichtigen sollten, ist lang. Von Gerhard Schröder bei Gazprom bis zu zahllosen Ex-Ministern in Aufsichtsräten und Beratergremien – die deutsche Politik hat sich zu einem Selbstbedienungsladen entwickelt, in dem die Kasse erst nach der Amtszeit klingelt.
Was bleibt, ist ein bitterer Nachgeschmack und die Erkenntnis, dass die vielgepriesene Unabhängigkeit politischer Entscheidungen eine Illusion ist. Wenn Minister bereits während ihrer Amtszeit wissen, dass sie später bei jenen unterkommen können, die sie heute regulieren, wie unabhängig sind dann ihre Entscheidungen wirklich?
Die Bundesregierung wird Lindners Wechsel vermutlich genehmigen. Die Begründung wird lauten, dass alle formalen Kriterien erfüllt seien. Doch die eigentliche Frage bleibt unbeantwortet: Wie viel ist die politische Integrität in diesem Land noch wert, wenn sie sich so offensichtlich in bare Münze verwandeln lässt?
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