
Thüringer SPD-Chef will Grundrente aufstocken: Gerechtigkeitsdebatte oder Wahlkampfgetöse?
Der Thüringer Innenminister und SPD-Landesvorsitzende Georg Maier hat eine Reform der Grundrente gefordert und dabei insbesondere die Situation ostdeutscher Rentner in den Fokus gerückt. Seine Forderung nach einer Erhöhung des Grundrentenzuschlags wirft jedoch die Frage auf, ob hier tatsächlich strukturelle Probleme gelöst werden sollen – oder ob es sich um politisches Kalkül handelt.
Die Erblast der Wendezeit
Maier argumentiert, dass die sogenannten „Babyboomer des Ostens" – jene Generation, die unmittelbar nach der Friedlichen Revolution ins Berufsleben eintrat – unter besonders schwierigen Bedingungen gearbeitet hätten. Unterbrochene Erwerbsbiografien, Niedriglöhne und das weitgehende Fehlen von Betriebsrenten hätten dazu geführt, dass diese Menschen heute mit erschreckend niedrigen Altersbezügen auskommen müssten.
Die Zahlen, die der Thüringer Innenminister präsentiert, sind in der Tat ernüchternd: Mit einer durchschnittlichen Rente von lediglich 1491 Euro bildet der Freistaat das Schlusslicht unter allen Bundesländern. Der durchschnittliche Grundrentenaufschlag beträgt magere 72 Euro, was zu einer Gesamtgrundrente von rund 1000 Euro führt. Von einem würdevollen Lebensabend kann bei solchen Beträgen kaum die Rede sein.
Die Grundrente – ein zahnloser Tiger?
Seit 2021 existiert die Grundrente als Instrument zur Bekämpfung von Altersarmut. Anspruchsberechtigt sind Menschen, die mindestens 33 Jahre Beiträge gezahlt haben – wobei auch Zeiten der Kindererziehung, Pflege oder des Bezugs von Kranken- und Kurzarbeitergeld angerechnet werden. Die volle Höhe des Zuschlags wird erst ab 35 Beitragsjahren gewährt.
Doch reicht dieses System aus, um die strukturellen Ungleichheiten zwischen Ost und West tatsächlich auszugleichen? Maier selbst räumt ein, dass „relativ viele" der ostdeutschen Babyboomer im sozialen Sicherungssystem der Grundrente landen werden. Eine Erhöhung des Zuschlags sei „leistbar" und würde Deutschland „wesentlich gerechter machen", so der SPD-Politiker.
Gerechtigkeit oder Generationenkonflikt?
Bemerkenswert ist Maiers Versuch, die Debatte von der Generationengerechtigkeit hin zur Ost-West-Gerechtigkeit zu lenken. „Wir müssen auch wieder über Gerechtigkeit zwischen Ost und West in der Rente reden", fordert er. Damit trifft er einen wunden Punkt: Mehr als drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung sind die Lebensverhältnisse in Deutschland noch immer nicht angeglichen – trotz milliardenschwerer Transferleistungen.
„Das sind Menschen, die ihr ganzes Leben lang gearbeitet haben. Das ist das brennende Thema."
Diese Aussage Maiers ist zweifellos richtig. Doch die Frage bleibt, ob eine Erhöhung der Grundrente das richtige Instrument ist – oder ob nicht vielmehr strukturelle Reformen des gesamten Rentensystems notwendig wären. Die neue Große Koalition unter Bundeskanzler Friedrich Merz steht vor der Herausforderung, das marode Rentensystem zukunftsfest zu machen, ohne dabei die ohnehin angespannten Staatsfinanzen weiter zu belasten.
Ein Symptom tieferliegender Probleme
Die Forderung des Thüringer SPD-Chefs offenbart ein grundsätzliches Dilemma der deutschen Sozialpolitik: Statt die Ursachen von Altersarmut zu bekämpfen – etwa durch eine Stärkung der Wirtschaft in strukturschwachen Regionen oder eine Reform des Niedriglohnsektors – wird an Symptomen herumgedoktert. Die Grundrente mag kurzfristig Linderung verschaffen, doch sie löst nicht das Problem, dass Millionen Deutsche trotz lebenslanger Arbeit im Alter kaum über die Runden kommen.
Ob Maiers Vorstoß in der neuen Bundesregierung Gehör findet, bleibt abzuwarten. Angesichts des geplanten 500-Milliarden-Euro-Sondervermögens für Infrastruktur und der damit verbundenen Schuldenaufnahme dürfte der finanzielle Spielraum für weitere Sozialleistungen begrenzt sein. Die ostdeutschen Rentner werden sich wohl noch länger gedulden müssen.

- Kettner Edelmetalle News
- Finanzen
- Wirtschaft
- Politik











