
VW-Gläserne Manufaktur: Zwischen Innovationscampus und Arbeitsplatz-Angst
Die einst stolze Gläserne Manufaktur in Dresden, jahrzehntelang das Aushängeschild deutscher Premium-Automobilfertigung, steht vor einem dramatischen Wandel. Während Volkswagen-Chef Oliver Blume die Fahrzeugproduktion ab Ende 2025 definitiv beerdigt, ringen Universität, Politik und Konzern um eine Zukunftslösung – und 320 Mitarbeiter bangen um ihre Jobs.
Das Ende einer Ära
Was für ein Abstieg: Einst rollte hier der majestätische Phaeton vom Band, später der elektrische ID.3. Nun soll Ende 2025 endgültig Schluss sein mit der Autoproduktion in der Dresdner Vorzeigefabrik. Ein Schlag ins Gesicht für die sächsische Industriegeschichte – und ein weiteres Zeichen dafür, wie die deutsche Automobilindustrie ihre eigenen Wurzeln kappt.
Die Technische Universität Dresden wittert ihre Chance und verhandelt mit VW über einen sogenannten "Innovationscampus". Klingt modern, klingt zukunftsorientiert – doch was bedeutet das konkret? Während die TU von "Spitzenforschung" und "Deep-Tech-Projekten" schwärmt, herrscht bei den Beschäftigten blanke Existenzangst.
Vertrauliche Gespräche, vage Versprechen
Die Verhandlungen zwischen VW, der TU Dresden und dem Freistaat Sachsen laufen – natürlich – hinter verschlossenen Türen. Volkswagen gibt sich zugeknöpft und verweist auf "vertrauliche Gespräche". Die Universität zeigt sich etwas offener und träumt von Forschung in Bereichen wie Künstlicher Intelligenz, Robotik und automatisiertem Fahren.
"Es ist richtig, dass die TU Dresden und Vertreter des Freistaates Sachsen mit VW zum Aufbau eines Innovationscampus in der Gläsernen Manufaktur verhandeln"
Doch die Realität sieht ernüchternd aus: Bislang existiere lediglich ein Entwurf eines Letters of Intent – nicht einmal unterschrieben. Von einem verbindlichen Vertrag ganz zu schweigen. Bis zum Sommer solle Klarheit herrschen, heißt es. Ein Zeitplan, den Insider als "sehr ambitioniert" bezeichnen – Behördendeutsch für "völlig unrealistisch".
Die Millionen-Frage
Im Kern geht es ums Geld – wie immer. Die TU soll angeblich 3,5 Millionen Euro jährlich für die Hälfte der Fläche zahlen. VW wiederum solle sich mit drei Millionen Euro pro Jahr an gemeinsamen Forschungsprojekten beteiligen. Peanuts für einen Konzern, der Milliarden in Elektromobilität pumpt – aber offenbar zu viel für ein Werk in Sachsen.
320 Menschen in der Warteschleife
Während die Entscheider über Innovationscampus und Forschungsprojekte philosophieren, sitzen 320 Mitarbeiter auf heißen Kohlen. Der Dresdner Betriebsratschef Thomas Aehlig beschreibt die Situation als "todernst". Kein Wunder: Die Beschäftigten haben keinerlei Information darüber, was sie in wenigen Monaten machen sollen.
Zwar gilt die Standortsicherung bis 2030, doch was nützt eine Garantie ohne konkrete Perspektive? In der Vergangenheit wurden Mitarbeiter bereits per Bus ins Werk nach Zwickau gekarrt – doch auch dort stehen die Zeichen auf Stellenabbau statt Expansion.
Verzweifelte Ideen für die Zukunft
Die Vorschläge für die Zukunft der Gläsernen Manufaktur reichen von ambitioniert bis absurd. Der Betriebsrat träumt von einer Lamborghini-Fertigung – Premium-Produktion trifft Wissenschaft. Andere sprechen von einer "Schau-Fertigung", bei der Autos zusammengebaut und anschließend wieder zerlegt würden. Was nach Beschäftigungstherapie klingt, solle angeblich wertvolle Erkenntnisse für Recycling und Kreislaufwirtschaft liefern.
Man fragt sich: Ist das die Zukunft der deutschen Automobilindustrie? Vorzeigefabriken, in denen keine echten Autos mehr gebaut werden, sondern nur noch geforscht und demonstriert wird?
Ein Symbol des Niedergangs
Die Gläserne Manufaktur war einmal ein Symbol für deutsches Ingenieurswesen und Premiumfertigung. Nun droht sie zum Mahnmal einer verfehlten Industriepolitik zu werden. Während China und die USA ihre Produktionskapazitäten ausbauen, verwandelt Deutschland seine Fabriken in Forschungscampusse.
Die Politik schweigt dazu weitgehend – kein Wunder, hat doch gerade die aktuelle Bundesregierung mit ihrer realitätsfernen Klimapolitik maßgeblich zur Schwächung der deutschen Automobilindustrie beigetragen. Statt die heimische Produktion zu stärken, setzt man auf vage Zukunftsvisionen und überlässt die Arbeiter ihrem Schicksal.
Eines steht fest: Die Zeiten, in denen Deutschland stolz auf seine Automobilfertigung blicken konnte, neigen sich dem Ende zu. Was bleibt, sind leere Hallen, verzweifelte Mitarbeiter und die vage Hoffnung auf einen Innovationscampus, der die Lücke füllen soll. Ein trauriges Ende für ein einst stolzes Werk – und ein weiteres Warnsignal für den Industriestandort Deutschland.
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