
Georgias Energiewende: Milliarden-Ausbau für Rechenzentren auf Kosten der Bürger?
Die Energiekommission des US-Bundesstaates Georgia hat grünes Licht für einen beispiellosen Ausbau der Stromversorgung gegeben. Der größte Energieversorger des Staates, Georgia Power, darf nun seinen 15-Milliarden-Dollar-Plan umsetzen, um innerhalb eines Jahrzehnts fast 10.000 Megawatt neue Erzeugungskapazität zu schaffen. Das entspricht zwei Dritteln der aktuellen Gesamtkapazität – ein Vorhaben, das vor allem einem Zweck dient: der Versorgung stromhungriger Rechenzentren.
Einstimmige Entscheidung trotz massiver Proteste
Die fünfköpfige Kommission stimmte am 19. Dezember einstimmig für eine Vereinbarung, die vorsieht, dass Rechenzentrumsbetreiber die Kosten für den Netzausbau tragen sollen. Haushalte und kleine Unternehmen würden demnach nicht zur Kasse gebeten, sollte das prognostizierte Wachstum ausbleiben. Doch genau diese Zusicherungen wurden von Interessengruppen in dreistündigen, zähen Diskussionen vehement angezweifelt.
Die Szenen vor der Abstimmung sprachen Bände: Zahlreiche Gegner mussten aus dem Sitzungssaal der Kommission in Atlanta eskortiert werden, während sie skandierten:
"Nay, nay, nay! The people say, 'Nay!'"Ein demokratischer Aufschrei, der offenbar ungehört verhallte.
Strompreise explodieren – Konzerngewinne steigen
Die Wut der Bürger kommt nicht von ungefähr. Seit 2023 hat die Kommission bereits sechs Strompreiserhöhungen für Georgia Power genehmigt. Nach Angaben des Southern Environmental Law Center kostet dies den durchschnittlichen Haushalt mindestens 43 Dollar monatlich mehr – also zusätzliche 500 Dollar pro Jahr. Während die Verbraucher bluten, stiegen die Gewinne des Energieriesen im selben Zeitraum um satte 40 Prozent.
Zwar verhängte die Kommission im Juli ein Moratorium für Preiserhöhungen bis 2028, doch dieses gilt nur für Grundgebühren. Die rund 860 Millionen Dollar Schäden durch Hurrikan Helene im Jahr 2024 können weiterhin auf die Kunden umgelegt werden – als "angemessene und umsichtige" Kosten, versteht sich.
Von 300 auf 10.000 Megawatt: Ein Quantensprung
Die Dimension des Vorhabens ist atemberaubend. Noch 2022 prognostizierte Georgia Power einen Bedarf von lediglich 200 bis 300 Megawatt zusätzlicher Netzkapazität für das kommende Jahrzehnt. Nun sollen es plötzlich 10.000 Megawatt sein – genug Strom für neun Millionen Haushalte. Allein zwischen 2029 und 2031 sind mindestens 8.500 Megawatt geplant. Laut einer Analyse von Grid Strategies ist dies der größte prozentuale Anstieg der Stromnachfrage aller US-Bundesstaaten in den nächsten fünf Jahren – mit Ausnahme von Texas.
Rechenzentren: Segen oder Fluch für Georgia?
Georgia beherbergt bereits mehr als 166 der landesweit 4.297 Rechenzentren und liegt damit auf Platz sechs aller Bundesstaaten. Tech-Giganten wie Microsoft, Meta und QTS betreiben dort energieintensive Anlagen. Doch die Zahlen werden dramatisch steigen: Mehr als 26 Rechenzentren befinden sich im Bau, mindestens 52 weitere sind im Umkreis von 60 Meilen um Atlanta geplant.
Nicht alle Georgier sind begeistert von dieser Entwicklung. Acht Landkreise und Städte, darunter Atlanta selbst, haben bereits Moratorien für den Bau von Rechenzentren verhängt. Die Hauptstadt untersagte im September 2024 entsprechende Projekte in einem Radius von 22 Meilen um ihren Beltline Overlay District. Die Sorgen um Wasser- und Energieverbrauch der sogenannten "Server-Farmen" treiben die Menschen um.
Geschäftsgeheimnisse statt Transparenz
Besonders brisant: Die Berechnungsgrundlagen von Georgia Power werden als "Geschäftsgeheimnisse" behandelt und können nicht öffentlich überprüft werden. Anwälte verschiedener Interessengruppen forderten vergeblich, dass die Kommission das Unternehmen zur Offenlegung der finanziellen Annahmen verpflichtet. "Wir müssen heute wissen, welche Annahmen in diesem finanziellen Versprechen stecken, wenn wir es später durchsetzen wollen", argumentierte Anwältin Jennifer Whitfield.
Kommissionsvorsitzender Jason Shaw lehnte zwei entsprechende Anträge ab, gewährte jedoch eine Anhörung zur Frage, ob Antragsteller unter Vertraulichkeitsvereinbarungen Zugang zu den Geschäftsgeheimnissen erhalten sollten.
Atomkraft als Zukunftslösung?
Der scheidende Kommissar Tim Echols, einer von zwei im November abgewählten Amtsinhabern, äußerte sich nachdenklich über die Zukunft der Energieversorgung. Seine größte Enttäuschung sei das langsame Tempo der Atomkraftentwicklung, die seiner Meinung nach der beste Weg sei, den Strombedarf für die KI-Entwicklung zu decken.
"Die Hyperscaler müssen das finanzielle Risiko für den Ausbau der amerikanischen Atomzukunft übernehmen, denn es sieht nicht so aus, als würde es anders passieren", sagte Echols. "Sie verbrauchen den Großteil des Stroms, und ich denke, sie sollten den Großteil der Kosten tragen und das Risiko übernehmen."
Die Entscheidung in Georgia zeigt exemplarisch, wie der Hunger der Tech-Industrie nach Energie ganze Regionen vor massive Herausforderungen stellt. Ob die Versprechen, dass Verbraucher nicht die Zeche zahlen werden, gehalten werden können, bleibt abzuwarten. Die Geschichte lehrt: Wenn Konzerninteressen und Bürgerwohl aufeinandertreffen, zieht der kleine Mann meist den Kürzeren.

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