
Tusks Pyrrhussieg: Polens Regierung übersteht Vertrauensvotum – doch die wahren Probleme beginnen erst
Die polnische Mitte-links-Regierung unter Donald Tusk hat gestern Abend eine selbst inszenierte Vertrauensabstimmung im Parlament gewonnen. Mit 243 zu 210 Stimmen sprachen die Abgeordneten dem Regierungschef das Vertrauen aus – ein Ergebnis, das angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse im Sejm wenig überraschend kam. Doch was auf den ersten Blick wie ein Erfolg aussieht, offenbart bei genauerer Betrachtung die tiefe Krise, in der sich Tusks Koalition befindet.
Ein verzweifelter Versuch der Machtdemonstration
Die Tatsache, dass Tusk überhaupt zu diesem ungewöhnlichen Mittel griff und selbst eine Vertrauensabstimmung ansetzte, spricht Bände über den Zustand seiner Regierung. Nach der herben Niederlage seines Kandidaten Rafal Trzaskowski bei der Präsidentschaftswahl vor zehn Tagen bröckelt die Fassade der Einigkeit. Der nationalkonservative Karol Nawrocki, unterstützt von der PiS, wird als neuer Präsident Tusks proeuropäische Agenda mit seinem Vetorecht blockieren können – ein Alptraum für den Ministerpräsidenten, der große Versprechen gemacht, aber wenig geliefert hat.
Besonders pikant: Die PiS-Abgeordneten boykottierten demonstrativ Tusks Regierungserklärung. "Wir wollen nicht an Tusks PR-Aktion teilnehmen", erklärte PiS-Fraktionschef Mariusz Blaszczak treffend. Und genau das war es – eine reine PR-Show, die über die fundamentalen Probleme der Regierung hinwegtäuschen sollte.
Gebrochene Versprechen und enttäuschte Wähler
Tusks Bilanz nach anderthalb Jahren Regierungszeit liest sich wie ein Katalog gebrochener Wahlversprechen. Die angekündigte Liberalisierung der Abtreibungsgesetze? Nicht umgesetzt. Die versprochene Steuersenkung? Fehlanzeige. Die Rücknahme der Justizreformen der PiS? Am Veto des scheidenden Präsidenten Duda gescheitert. Stattdessen präsentiert Tusk Wirtschaftszahlen und spricht über Grenzkontrollen – Themen, die seine enttäuschte Wählerbasis kaum begeistern dürften.
Besonders bemerkenswert ist Tusks Ankündigung, möglicherweise Grenzkontrollen zu Deutschland einführen zu wollen. Ein Schritt, der nicht nur die vielen polnischen Pendler belasten würde, sondern auch zeigt, wie sehr der Ministerpräsident unter Druck steht, in der Migrationspolitik Härte zu demonstrieren. Hier versucht er offenbar, der PiS das Wasser abzugraben – ein durchsichtiges Manöver, das seine eigene politische Schwäche unterstreicht.
Die wahre Machtverschiebung steht noch bevor
Mit Nawrockis Amtsantritt als Präsident wird sich die politische Landschaft Polens fundamental verändern. Der neue Präsident hat bereits "starken Widerstand" gegen die Regierung angekündigt – und er hat die Mittel dazu. Ohne die nötige Zweidrittelmehrheit im Parlament, um präsidiale Vetos zu überstimmen, wird Tusk zum zahnlosen Tiger. Seine ambitionierte liberale Agenda dürfte damit endgültig Geschichte sein.
Die Koalitionspartner beginnen bereits, über ihre Zukunft im Regierungsbündnis nachzudenken. Die Frage ist nicht ob, sondern wann die wackelige Allianz aus konservativen, liberalen und linken Parteien auseinanderbricht. Tusks eigenes Eingeständnis vor dem Parlament spricht Bände: "Diese Herausforderungen sind größer, als wir nach den Präsidentschaftswahlen erwartet haben."
Deutschland als Feindbild
Bezeichnend für die vergiftete Atmosphäre im polnischen Parlament war auch die obsessive Thematisierung von Tusks angeblicher "Hörigkeit gegenüber Deutschland" durch die PiS-Abgeordneten. Der genervte Ausruf des Ministerpräsidenten, dass man "eine Obsession mit anderen Nationalitäten behandeln lassen" könne, zeigt, wie sehr ihn diese Angriffe treffen. Die PiS weiß genau, wo sie den Hebel ansetzen muss – und Tusks proeuropäische, deutschlandfreundliche Politik bietet reichlich Angriffsfläche in einem Land, wo nationalkonservative Strömungen wieder erstarken.
Der Polen-Beauftragte der Bundesregierung, Knut Abraham, mag sich über das Ergebnis der Vertrauensabstimmung freuen und von einem "verlässlichen Partner und Freund" sprechen. Doch die Realität sieht anders aus: Polen driftet unter dem Druck der nationalkonservativen Kräfte immer weiter von der europäischen Integration ab. Tusks gestrige "Siegesfeier" könnte sich schon bald als der Anfang vom Ende seiner Regierung erweisen.
"Wir können unsere Augen nicht vor der Realität verschließen"
Mit diesen Worten hat Tusk ungewollt die treffendste Analyse seiner eigenen Situation geliefert. Die Realität ist: Seine Regierung hat die Kontrolle verloren, seine Versprechen nicht eingelöst und steht nun einem Präsidenten gegenüber, der sie bei jeder Gelegenheit blockieren wird. Das gestrige Vertrauensvotum war nicht mehr als ein Strohhalm, an den sich ein politisch Ertrinkender klammert. Die wahre Bewährungsprobe für Polens Demokratie und Tusks politisches Überleben steht noch bevor.
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