
Wirtschaftsexperte zerlegt Merz-Regierung: Schuldenfinanziertes Mini-Wachstum als teurer Selbstbetrug
Die deutsche Wirtschaft taumelt weiter durch ein Tal der Tränen, und die vollmundigen Versprechen der neuen Bundesregierung entpuppen sich als hohle Phrasen. Das renommierte ifo-Institut aus München prognostiziert für die kommenden Jahre ein derart mickriges Wachstum, dass man sich ernsthaft fragen muss, ob die politische Führung in Berlin überhaupt verstanden hat, welche Hebel sie in Bewegung setzen müsste.
Stagnation trotz Schuldenbergen
Die Zahlen sprechen eine unmissverständliche Sprache: Für das laufende Jahr rechnen die Konjunkturforscher mit einem Plus von gerade einmal 0,1 Prozent – faktisch eine Nullnummer. Für 2026 und 2027 werden magere 0,8 beziehungsweise 1,1 Prozent erwartet. Das ist deutlich weniger, als noch im Herbst vorhergesagt wurde. Besonders brisant dabei: Selbst dieses kümmerliche Wachstum ist teuer erkauft.
ifo-Präsident Clemens Fuest bringt das Dilemma auf den Punkt:
„Der Staat expandiert und der private Sektor schrumpft. Deshalb bleibt unterm Strich nicht viel übrig."Die massive Neuverschuldung, die eigentlich als Wachstumsmotor dienen sollte, verpufft wirkungslos. Statt die Wirtschaft anzukurbeln, bläht sich lediglich der Staatsapparat weiter auf – ein klassisches Symptom verfehlter Wirtschaftspolitik.
Der „Herbst der Reformen" – ein leeres Versprechen
Bundeskanzler Friedrich Merz hatte großspurig einen „Herbst der Reformen" angekündigt. Was davon übrig geblieben ist? Praktisch nichts, was den Namen verdient hätte. Die Bundesregierung konnte sich offenbar nicht auf Maßnahmen einigen, die tatsächlich auf das Wachstum einzahlen würden. Stattdessen wurde beim Rentenpaket ein Beschluss gefasst, der künftige Bundeshaushalte mit zusätzlichen 20 Milliarden Euro pro Jahr belastet.
Die Konsequenz liegt auf der Hand: Steuererhöhungen werden unausweichlich. Und genau das schreckt Investoren ab. Fuest formuliert es schonungslos:
„Die Reformen haben per Saldo das Wachstum eher reduziert als es erhöht."Ein vernichtendes Urteil für eine Regierung, die angetreten war, Deutschland wirtschaftlich wieder auf Kurs zu bringen.
Infrastruktur: Geld da, Wille fehlt
Dabei wären die Stellschrauben durchaus vorhanden. Das Infrastrukturpaket stellt Mittel für dringend benötigte Investitionen in Bahnstrecken und Autobahnen bereit. Der Sanierungsbedarf ist offensichtlich, das Geld ist vorhanden – doch die Genehmigungsverfahren blockieren jeden Fortschritt. Die Bundesregierung hat es versäumt, parallel zur Bereitstellung der Mittel auch die bürokratischen Hürden abzubauen.
Dass es auch anders geht, haben die LNG-Terminals bewiesen. In Rekordzeit wurden diese Anlagen errichtet, weil der politische Wille vorhanden war. Dieses Tempo auf Sanierungsprojekte im Schienen- und Straßenverkehr zu übertragen, wäre möglich gewesen – wenn man es denn gewollt hätte.
Arbeitsmarkt: Fehlanreize blockieren Wachstum
Ein weiteres Problemfeld ist der Arbeitsmarkt. Nach wie vor lohnt es sich für viele Bezieher der Grundsicherung schlicht nicht, arbeiten zu gehen. Die Bürgergeldreform geht zwar in die richtige Richtung, greift aber viel zu kurz. Das ifo-Institut hat errechnet, dass eine bessere Abstimmung von Wohngeld und Grundsicherung 150.000 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen und den Staat um fast fünf Milliarden Euro entlasten könnte.
Auch beim Kündigungsschutz sieht Fuest Reformbedarf. Ein gelockerter Kündigungsschutz nach dänischem Vorbild – nicht das amerikanische „hire and fire" – könnte mehr Gründungen und Investitionen ermöglichen. In Dänemark ist der Kündigungsschutz lockerer, dafür sind Arbeitnehmer im Fall der Arbeitslosigkeit gut abgesichert.
Bürokratie: Die unsichtbare Wachstumsbremse
Die wohl größte Wachstumsbremse bleibt jedoch die ausufernde Bürokratie. Berichtspflichten, Nachhaltigkeitsberichterstattung, Lieferkettenberichterstattung – die Liste der überflüssigen Regulierungen ist endlos. Das ifo-Institut hat ausgerechnet, dass ein konsequenter Bürokratieabbau vier Prozent zusätzliche Wirtschaftsleistung bringen würde. Das entspricht knapp 150 Milliarden Euro pro Jahr – eine gigantische Summe, die der deutschen Wirtschaft durch bürokratischen Wahnsinn entgeht.
Warum geschieht trotz aller Ankündigungen nichts? Weil es Branchen gibt, die von Bürokratie profitieren. Eine regelrechte Zertifizierungsindustrie hat sich entwickelt, die zu einem erheblichen Teil überflüssig ist, aber politischen Druck ausüben kann. Ein Teufelskreis, den zu durchbrechen offenbar niemand den Mut aufbringt.
München als leuchtendes Beispiel
Dass es auch anders geht, zeigt ausgerechnet München. Rund um TU, LMU und die Initiative UnternehmerTUM hat sich ein florierendes Ökosystem für junge Firmen entwickelt. Das Münchner Start-up Celonis ist heute mehr wert als die gesamte deutsche Stahlindustrie. Fuest bringt es auf den Punkt:
„Wenn ganz Deutschland so wäre wie München, dann hätten wir keine Probleme."
Europa zusammenhalten – trotz äußerem Druck
Zu den hausgemachten Problemen kommen externe Herausforderungen: US-Zölle unter Trump, Russlands hybrider Krieg gegen Europa. Doch der ifo-Chef warnt davor, sich von äußeren Kräften auseinanderdividieren zu lassen. Der europäische Binnenmarkt sei die Wachstumsmaschine, die es zu stärken gelte – auch wenn die EU in den vergangenen Jahren mit unsinnigen Regulierungen über das Ziel hinausgeschossen sei.
Deutschland als größtes EU-Mitglied müsse alles unternehmen, Europa zusammenzuhalten. Doch dafür braucht es zunächst eine Regierung, die im eigenen Land die richtigen Weichen stellt. Der „Herbst der Reformen" ist gescheitert. Nun brauche es einen „Frühling der Reformen" – bevor es endgültig zu spät ist.
Hinweis: Dieser Artikel stellt keine Anlageberatung dar. Jeder Anleger ist selbst für seine Investitionsentscheidungen verantwortlich und sollte vor einer Anlageentscheidung eigene Recherchen durchführen oder einen qualifizierten Finanzberater konsultieren. In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit können physische Edelmetalle wie Gold und Silber als Beimischung zu einem breit gestreuten Portfolio zur Vermögenssicherung beitragen.
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