
Pistorius plant Hintertür zur Wehrpflicht – Deutschland rüstet auf
Die Bundeswehr steht vor einem gewaltigen Umbruch. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) präsentierte am Sonntagabend in der ARD seine Pläne für einen neuen Wehrdienst, der zunächst auf Freiwilligkeit basieren soll. Doch der Minister hält sich eine entscheidende Hintertür offen: Eine „Teilverpflichtung von Teiljahrgängen" könne aktiviert werden, falls nicht genügend junge Menschen freiwillig den Dienst an der Waffe antreten würden.
Die Bundeswehr in der Personalkrise
Mit aktuell nur 182.500 Soldatinnen und Soldaten ist die Bundeswehr weit von den NATO-Vorgaben entfernt. Pistorius strebt eine Aufstockung auf 250.000 bis 260.000 Personen an – ein ambitioniertes Ziel angesichts der jahrelangen Vernachlässigung unserer Streitkräfte. Die seit 2011 ausgesetzte Wehrpflicht hinterließ ein Vakuum, das sich nun bitter rächt.
Der SPD-Politiker betonte, dass der geplante Aufwuchs der stehenden Streitkräfte nichts mit Wehrdienstleistenden zu tun habe. Diese seien vielmehr nötig, um wieder ausreichend Reservisten für den Krisenfall bereitzustellen. Ein cleverer Schachzug oder der Versuch, die Wehrpflicht durch die Hintertür wieder einzuführen?
Politisches Tauziehen um die Wehrpflicht
Während Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) den Mechanismus unterstützt und von einem „gemeinsamen Verständnis" in der Koalition spricht, zeigt sich die SPD gespalten. Generalsekretär Tim Klüssendorf schloss eine generelle Wehrpflicht kategorisch aus – dies sei „klare Beschlusslage der SPD". Man wolle zunächst abwarten, ob die Freiwilligkeit funktioniere.
„Wenn man eine NATO-Grenze verteidigen will, wenn man die Landesgrenze verteidigen will und wenn man tatsächlich zur stärksten Armee in Europa werden will, wird es wahrscheinlich nicht nur mit Fragebögen und Freiwilligkeit gehen."
Diese klaren Worte stammen von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der sich offen für eine Wehrpflicht ausspricht. Ein realistischer Blick auf die Sicherheitslage oder populistische Rhetorik?
Die Attraktivitätsfalle der Bundeswehr
Pistorius setzt auf finanzielle Anreize: Die Bezahlung der Soldaten müsse „deutlich steigen", kündigte er an, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Doch reicht Geld allein aus, um junge Menschen für den Dienst in einer Armee zu begeistern, die jahrelang kaputtgespart wurde? Die Bundeswehr kämpft nicht nur mit veralteter Ausrüstung und maroden Kasernen, sondern auch mit einem ramponiertem Image.
Die Linke kündigt bereits „erbitterten Widerstand" gegen jede Form der Wehrpflicht an. Parteichef van Aken fordert gar eine „Volksbefragung von allen 16- bis 25-Jährigen". Als ob Sicherheitspolitik eine Frage von Stimmungen und nicht von strategischen Notwendigkeiten wäre.
Ein Blick in die Zukunft
Der Gesetzentwurf soll im Sommer vorgelegt werden. Bis dahin wird die Debatte an Schärfe gewinnen. Die Große Koalition unter Friedrich Merz steht vor der Herausforderung, zwischen den Realitäten der Sicherheitslage und den Befindlichkeiten einer Generation zu navigieren, die Frieden als Selbstverständlichkeit betrachtet.
Die Wahrheit ist unbequem: Deutschland muss seine Verteidigungsfähigkeit wiederherstellen. Ob dies mit Freiwilligen gelingt oder ob der Staat seine Bürger in die Pflicht nehmen muss, wird sich zeigen. Pistorius' Hintertür-Option zeigt jedenfalls, dass auch die SPD die Zeichen der Zeit erkannt hat – wenn auch widerwillig.
In einer Welt, in der autoritäre Regime ihre Muskeln spielen lassen, kann sich Deutschland den Luxus einer unterbesetzten Armee nicht mehr leisten. Die Frage ist nicht, ob wir aufrüsten müssen, sondern wie schnell und mit welchen Mitteln. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die Politik den Mut hat, unpopuläre aber notwendige Entscheidungen zu treffen.