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05.12.2025
08:28 Uhr

Milliarden-Poker um Russlands Kriegskasse: Merz ringt mit störrischem Belgien

Die Europäische Union steht vor einem gewaltigen Dilemma, das die Zukunft der Ukraine-Unterstützung entscheidend prägen könnte. Im Zentrum des Konflikts: eingefrorene russische Staatsmilliarden in Höhe von über 210 Milliarden Euro, die seit Beginn des Angriffskrieges in europäischen Tresoren schlummern. Während Bundeskanzler Friedrich Merz diese Gelder zur Unterstützung der Ukraine mobilisieren möchte, sperrt sich ausgerechnet Belgien – das Land, in dem der Löwenanteil von 185 Milliarden Euro lagert.

Ein Abendessen mit Sprengkraft

Am kommenden Freitag soll es zum Showdown kommen. Bei einem vermeintlich "privaten" Abendessen in Brüssel will Merz den belgischen Premierminister Bart De Wever persönlich auf Linie bringen. Dass auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an diesem Treffen teilnehmen wird, unterstreicht die Brisanz der Situation. Der deutsche Kanzler hat sogar eine geplante Reise nach Oslo abgesagt, um diesen Termin wahrzunehmen – ein deutliches Signal für die Dringlichkeit der Angelegenheit.

Die Ausgangslage könnte kaum dramatischer sein: Nachdem die USA unter Präsident Trump ihre finanzielle Unterstützung für die Ukraine eingestellt haben, lastet die Verantwortung für Kiews Überleben nun fast ausschließlich auf europäischen Schultern. Eine Bürde, die ohne kreative Finanzierungslösungen kaum zu stemmen sein dürfte.

Belgiens Angst vor Putins Rache

Der belgische Widerstand hat durchaus nachvollziehbare Gründe. Das Unternehmen Euroclear, das die russischen Gelder verwaltet, sitzt in Belgien – und De Wever fürchtet massive Vergeltungsmaßnahmen aus Moskau. Seine Sorge: Russland könnte umgehend belgische Privatpersonen und Unternehmen in Russland enteignen. Eine Befürchtung, die angesichts der bisherigen Reaktionen des Kremls nicht von der Hand zu weisen ist.

"Dies sollte ein zusätzlicher Anreiz für Russland sein, sich an den Verhandlungstisch zu begeben", argumentiert Merz in einem Gastbeitrag für die FAZ. "Es liegt damit in unserer Hand, nicht nur die Ukraine zu stärken, sondern auch ein unmissverständliches Signal an Moskau zu senden."

Doch De Wever sieht das diametral anders. Er befürchtet, dass ein solcher Schritt die ohnehin zähen Friedensverhandlungen gefährden könnte. Ein klassisches Dilemma zwischen kurzfristiger Hilfe und langfristigen diplomatischen Konsequenzen.

Der Kommissionsvorschlag: Risiko auf viele Schultern verteilen

Von der Leyens Kompromissvorschlag sieht vor, nicht nur die belgischen, sondern alle in der EU eingefrorenen russischen Gelder – insgesamt bis zu 210 Milliarden Euro – für Kredite an die Ukraine zu nutzen. Auch die in Frankreich festgesetzten Milliarden sollen einbezogen werden. Eine Art Risikoverteilung, die Belgiens Bedenken zerstreuen könnte.

Die Alternative wären neue Gemeinschaftsschulden in Form von Eurobonds – ein Vorschlag, der bei der Merz-Regierung auf kategorische Ablehnung stößt. Deutschland hat sich stets gegen eine weitere Vergemeinschaftung von Schulden in der EU ausgesprochen, und daran wird sich auch in dieser Krise nichts ändern.

Ein Signal der Stärke oder der Schwäche?

Die Ironie der Geschichte: Während Europa über die Verwendung russischer Gelder streitet, könnte genau diese Uneinigkeit Putin in die Hände spielen. Der Kreml beobachtet zweifellos mit Genugtuung, wie sich die EU-Staaten in dieser fundamentalen Frage nicht einigen können. Jeder Tag des Zögerns ist ein Tag, an dem die Ukraine ohne die dringend benötigte Unterstützung auskommen muss.

Merz argumentiert, dass die Nutzung der eingefrorenen Gelder ein klares Signal an Moskau senden würde: Die Fortsetzung des Angriffskrieges sei sinnlos. Doch solange Belgien blockiert, bleibt dieses Signal ungehört. Stattdessen vermittelt Europa den Eindruck der Zerrissenheit – Wasser auf die Mühlen der russischen Propaganda.

Der Countdown läuft

Sollte das Freitagstreffen scheitern, droht beim EU-Gipfel am 18. und 19. Dezember eine offene Konfrontation. Die Zeit drängt, denn die Ukraine kann nicht ewig auf europäische Entscheidungen warten. Jeder weitere Tag der Uneinigkeit kostet Menschenleben und schwächt die Position des Westens im Ringen um eine gerechte Friedenslösung.

Die Frage, die sich Europa stellen muss, ist fundamental: Will man aus Angst vor möglichen Konsequenzen tatenlos zusehen, wie die Ukraine langsam ausgeblutet wird? Oder findet man den Mut, die eingefrorenen Gelder des Aggressors zur Verteidigung des Angegriffenen einzusetzen? Das Abendessen am Freitag könnte zur Schicksalsstunde für die europäische Solidarität werden.

Eines steht fest: Die aktuelle Situation zeigt einmal mehr, wie schwerfällig und uneinig die EU in Krisensituationen agiert. Während in Kiew Menschen sterben, diskutiert man in Brüssel über juristische Feinheiten und nationale Befindlichkeiten. Ein Armutszeugnis für eine Union, die sich gerne als Wertegemeinschaft präsentiert, aber im Ernstfall an nationalen Egoismen zu scheitern droht.

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